DER STANDARD, 23. September 2002 Milliardenpoker um ÖlbonanzaMit dem Bau der drei Milliarden Dollar teuren Pipeline von Baku nach Ceyhan in der Südtürkei realisieren die USA ihre Pläne, den Einfluss der Transitländer Russland und Iran zurückzudrängen. Clemens Rosenkranz Durch den Krieg gegen Afghanistan wurden die Karten in der Welt des Öls neu gemischt. Davon profitiert besonders die USA, die mit dem Start der 1700 Kilometer langen Pipeline von Aserbaidschans Ölmetropole Baku nach Ceyhan (siehe Karte) ihre Absicht durchsetzen konnte, den Einfluss Russlands und Irans auf den Weg des Öls zu den Märkten zu beschränken. Allerdings dürfte Moskau im Gegenzug freiere Hand bei seiner Kaukasus-Politik bekommen. Wegen der US-Vorbehalte ("Achse des Bösen") und des De-facto-Investitionsverbots in Iran ist den Multis der kürzeste Weg von der Ölbonanza in Zentralasien zu den Ölhäfen verschlossen. Wirtschaftlich wäre eine Leitung zur Verladestation Kharg am billigsten, Teheran hat bis jetzt vergeblich versucht, Öl aus Aserbaidschan über Tauschgeschäfte zu verhökern. Das Prinzip wäre ganz einfach: Öl aus Baku fließt an die Raffinerien in Nordiran, die gleiche Menge wird von den Feldern im Süden zum Tankerhafen gebracht. Die nötige Infrastruktur würde eine knappe Mrd. Dollar kosten. Mit dem Sturz des Taliban-Regimes in Afghanistan ist der Weg frei für einige der hoch fliegenden Pipeline-Pläne in Zentralasien, dem weichen Unterleib Russlands. Bisherige Pläne der Multis blieben zwar Makulatur, aber die US-Konzerne (besonders Unocal) haben bis im Frühsommer 2001 mit der Fundi-Regierung in Kabul über eine Gasleitung von Turkmenistan nach Pakistan verhandelt. Nun soll das Projekt realisiert werden: Laut der afghanischen Regierung wird Mitte 2003 mit dem Bau dieser Exportleitung (Kosten 2,5 Mrd. Dollar) nach Südasien begonnen. Böse Zungen behaupten, mit Hamid Kazai habe Washington einen den US-Ölplänen freundlich gesinnten und verlässlichen Statthalter installiert. Als Väter der neuen geostrategischen Ölpolitik (Russland und Irak draußen halten) gelten US-Präsident George Bush und seine Vize Dick Cheney: Beide sind gestandene Ölmänner, und ihnen wird nachgesagt, den US-Ölkonzernen bei ihren Bemühungen kräftig unter die Arme gegriffen zu haben, Zentralasien ohne russisches Störfeuer erschließen zu können. US-Multis wie Unocal, Pennzoil, ExxonMobil und ChevronTexaco sind bereits jetzt massiv in der Region präsent, dazu kommt alles, was Rang und Namen in der Welt des Öls hat. So ist BP Amoco Konsortialführer beim Baku-Ceyhan-Projekt. © DER STANDARD, 23. September 2002 |